Zürich / 30.09. - 2.10.2021

  Gruppenphoto Tagung in Zürich 2021 Urheberrecht: © AKTLD
 
 

Avantgarde oder uncool?

Denkmalpflege in der Transformationsgesellschaft

Jahrestagung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V.
in Kooperation mit der ETH Zürich / Lehrstuhl für Konstruktionserbe und Denkmalpflege
30. September bis 2. Oktober 2021 in Zürich

Seit jeher sieht sich die Disziplin der Denkmalpflege mit dem Vorurteil konfrontiert, als bewahrende Instanz Veränderungen und Fortschritt be- und sogar verhindern zu wollen, obwohl sie im Laufe des 20. Jahrhundert vor allem im Bereich städtebaulicher Transformationsprozesse an wesentlichen baupolitischen und gesellschaftlichen
Richtungsänderungen aktiv beteiligt war. Gegenwärtig steht unsere Gesellschaft angesichts des Klimawandels sowie den anhaltenden Diskussionen um die Berücksichtigung und Nutzung im Bestand gelagerter Ressourcen abermals vor großen Herausforderungen.

Im Rahmen der Jahrestagung des AKTLD soll neben der offensichtlich divergierenden Innen- und Außenwahrnehmung des Fachs insbesondere thematisiert werden, mit welchen neuen Fragestellungen sich die Institutionen konfrontiert sehen und wie sich die Denkmalpflege in den aktuellen Debatten positioniert. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Selbstverständnis der unterschiedlichen, im Bereich der Denkmalpflege tätigen
Akteur*innen, ihre Sicht auf das eigene Handeln sowie die Außenperspektive, welche die Denkmalpflege weniger als «Avantgarde», sondern vielmehr als das Gegenteil von Innovation empfindet. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob die unlängst vermehrt kursierenden Bezeichnungen wie «Baukultur» oder «bauliches Kulturerbe» tatsächlich auch
andere Konzepte der Erhaltung beinhalten? Oder ist dies nicht eher als Begriffskosmetik für eine als «uncool» wahrgenommene Institution zu verstehen – die dann im Konzept der «Denkmalpflege ohne Denkmalpfleger*in» wieder auftaucht, obwohl sie hier doch zugleich überwunden schien?

Die skizzierten Fragestellungen wurden in drei Sektionen erörtert – welche jedoch selbstverständlich nicht trennscharf, sondern als Anregungen gedacht sind. Darüber hinaus widmete sich eine erste Sektion übergeordneten Ansätzen.

Akteur*innen und Interessensgruppen
In dieser Sektion geht es um die Innen- und Außenwahrnehmung des Faches. Was verbindet amtliche Denkmalpfleger*innen, Hochschullehrer*innen, Stiftungen, Vereine und Verbände, bürgerschaftliche Initiativen und praktische Architekt*innen, Sanierungs- und Planungsbüros etc. in ihrer Arbeit am Denkmal und was trennt sie? Welche Allianzen und Bündnisse gehen sie ein? Darüber hinaus ist zu beobachten, dass in Debatten um
Kulturerbe «die Denkmalpflege» als nur eine unter vielen gesellschaftlichen Akteur*innen auftritt, wobei die Konfliktfelder oft als Teil eines öffentlichen Diskurses aus Sicht der Kulturwissenschaften, der Soziologie oder der Anthropologie beleuchtet werden. Wer also fühlt sich berechtigt, kompetent über «Denkmalpflege» zu sprechen, und wer bestimmt dies? Wer bezeichnet sich selbst als Denkmalpfleger*in und warum?

«Friday for Monuments»: Denkmalpflege als Avantgarde der Klimaschutzbewegung?
Die Sektion diskutiert die Bedeutung von Denkmalpflege und die Anschlussfähigkeit ihrer Methoden im Kontext der aktuellen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Debatten über Ursachen und Folgen des Klimawandels. Kann und sollte sich die Denkmalpflege in der aktuellen Klimaschutzdebatte als Avantgarde positionieren? Wo gibt es historische, aber auch aktuelle Anknüpfungspunkte zwischen Natur- und Denkmalschutz? Inwiefern lassen sich internationale Impulse wie z.B. die von ICOMOS Australien/ICOMOS USA geprägte CultureNature Journey für den europäischen Diskurs fruchtbar machen? Könnte Denkmalpflege als Teil einer integrierten Stadtentwicklung als Zukunftsfeld klimaschonender Stadtentwicklung operieren?

Kommunikation und öffentliche Debatte
Hier steht die Frage nach den Kommunikationsmustern in und um denkmalpflegerische Themen im Vordergrund. Seit jeher evozieren Bauprojekte im denkmalpflegerischen Kontext emotionalisierte und langanhaltende Kontroversen in der Öffentlichkeit. Neben den klassischen Printmedien werden denkmalpflegerische Debatten zunehmend auch in
niederschwelligen, aber auch schnelllebigen sozialen Medien geführt. Welche Themen werden ge- und welche besetzt? Wie und durch welche Disziplinen (Journalist*innen, Wissenschaftler*innen, Planer*innen, Architekt*innen und Politiker*innen) werden Meinungsbilder und Wahrnehmungsmuster gesteuert? Teil der Fragestellung dieser Sektion ist überdies, wie die Denkmalpflege selbst nach außen (aber auch unter- und miteinander) kommuniziert.